Pressemitteilung

Wie sieht es in der Coronakrise mit den Gottesdiensten in der Kirche Jesu Christi aus? Eindrücke von Washington bis Johannesburg

„Das Abendmahl ist der Höhepunkt meiner Woche. Ich freue mich auf diesen Moment, in dem ich mich dem Erlöser wirklich nahe fühle“, meint ein Mitglied der Kirche aus Deutschland.

Vor gut 2.100 Jahren verkündete ein heiliger Mann einem leidgeprüften Volk in der Neuen Welt, dass Gottesdienst sich nicht auf ein Kirchengebäude beschränkt.

"Meint ihr denn, ihr könnt Gott nicht anbeten außer nur in euren Synagogen?", fragte Alma - ein Prophet aus dem Buch Mormon - einst eine Gruppe von Ausgestoßenen, die ihrer Religionsfreiheit beraubt worden war. "Wenn ihr meint, ihr könntet Gott nicht anbeten, so irrt ihr sehr, und ihr solltet in den Schriften forschen; wenn ihr meint, sie hätten euch dies gelehrt, so versteht ihr sie nicht." (Alma 32:10; 33:2.)

Gott könne man, bekräftigt Alma, in der Wildnis verehren, auf dem Feld, zuhause im stillen Kämmerlein oder eben in der Gemeinde – kurzum, eigentlich überall.

Wie zeitlos dehnbar diese Aussage über die richtige Gottesverehrung auch in geografischer Hinsicht ist, hat seit März 2020 für die Mitglieder der Kirche weltweit eine besondere Bedeutung. Seither passt sich die gesamte Welt – und damit auch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage - den Erschwernissen an, die mit der Coronakrise über die Menschheit hereingebrochen sind.

 

Wie viele andere Gläubige kommen die Mitglieder der Kirche normalerweise wöchentlich im Gemeindehaus zum Gottesdienst zusammen, und zwar in aller Regel sonntags. In den heiligen Schriften ist festgelegt, dass hierbei das Abendmahl gereicht wird. Priestertumsträger bieten jedem einzelnen Versammlungsteilnehmer Brot und Wasser an, die Symbole für den Leib und das Blut Jesu Christi. Auf die Abendmahlsversammlung folgt eine zweite Stunde Gottesdienst, in der Wissen über das Evangelium Jesu Christi vermittelt wird.

Damit war am 12. März 2020 jedoch plötzlich Schluss, als die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel alle öffentlichen Versammlungen von Mitgliedern der Kirche weltweit bis auf Weiteres aussetzten.

Wichtiger denn je: eine Gottesverehrung, die schwerpunktmäßig zuhause stattfindet

Gottesdienste mit persönlicher Anwesenheit sind durch nichts zu ersetzen. Da die Geistlichkeit in der Kirche Jesu Christi jedoch ehrenamtlich organisiert ist, konnten die Mitglieder sich Gott und ihrer Glaubensgemeinschaft weiterhin nahe fühlen. Junge Männer können das Priestertum schon mit elf Jahren empfangen und mit 16 am Abendmahlstisch amtieren. Wenn die Umstände es erfordern und die Führer der Kirche es genehmigen, können Väter und Söhne also zuhause das Abendmahl feiern. Und genau das haben sie in der Coronakrise gemacht. Außerdem standen oft Angehörige der Priestertumskollegien denjenigen Familien aus ihrer Gemeinde, die daheim keinen Priestertumsträger haben, für das Abendmahl zur Verfügung.

"Ich bin eine alleinerziehende Mutter und es gibt keinen Priestertumsträger in der Familie. Das war ein Problem, weil wir das Abendmahl nicht so oft nehmen konnten", sagt Lizzie Mohodisa aus Südafrika. "Aber hin und wieder können die Brüder vorbeikommen, die uns betreuen. Wir haben es dann nicht jede Woche, wie wir es immer gewohnt waren. Aber es ist trotzdem ein großer Segen."

David Soto gehört einer spanischsprachigen Gemeinde junger Alleinstehender (JAE) in Utah an. Dort hat er Frauen das Abendmahl gebracht, die zuhause keinen Priestertumsträger haben. Er sieht darin einen besonderen Vorzug, der ihn aber auch demütig stimmt.

"Es ist eine Ehre für mich, das Priestertum zu tragen und meinen Mitmenschen dienen zu können", betont Soto. "Das trifft insbesondere auf das Abendmahl zu. Man ist in diesem Augenblick mit dem Erretter verbunden und fühlt sich ihm nahe. Wenn ich mit meinen bescheidenen Mitteln dazu beitragen kann, macht mich das unbeschreiblich glücklich."

"Es kommt mir gar nicht so vor, als wären wir diese Woche nicht in der Kirche gewesen. Wir konnten Gott verehren und vom Abendmahl nehmen!" - Olev Taim, Südafrika

Präsident Russell M. Nelson merkte bereits im März an, dass viele Mitglieder nun feststellten, dass diese Unterbrechungen des normalen Ablaufs "zusätzliche Zeit bieten, in der wir erleben, wie wertvoll ein schwerpunktmäßig zuhause stattfindendes Evangeliumsstudium ist". Oft wird auch darauf hingewiesen, dass Liebe und Einigkeit in der Familie stärker werden, weil man mehr Zeit miteinander verbringt.

"Diese Pandemie historischen Ausmaßes und die daraus resultierende Handlungsunfähigkeit haben unser Zuhause zu einer Zuflucht, zu einem heiligen Ort, zum Mittelpunkt unserer Gottesverehrung werden lassen", meint Benjamin Poóu Chiquin, Vater von fünf Kindern aus Guatemala.

Jade Reiri aus Neuseeland beschreibt das so: "Für unsere Kinder ist es toll, wenn sie direkt vor ihren Augen sehen, wie ihr Vater und ihr älterer Bruder das Abendmahl segnen. Sie erleben es hautnah bei sich zuhause."

Das Wichtigste für Diane Taim aus Südafrika ist der Geist, den ihre Familie verspürt, wenn aus dem eigenen Zuhause eine Kirche wird.

"Am Anfang sieht man nur die großen Becher und dass alles anders ist", sagt die Mutter von vier Kindern - die Abendmahlsbecher in der Kirche sind sonst kaum größer als ein Fingerhut. "Aber ich fühlte mich dem Erretter ganz nahe. Und ich glaube, er sieht uns bei dem, was wir tun, aufmerksam zu. Da wohnte dieser Handlung, die oft fast mechanisch abläuft, auf einmal eine tiefe Heiligkeit inne."

"Es kommt mir gar nicht so vor, als wären wir diese Woche nicht in der Kirche gewesen. Wir konnten Gott verehren und vom Abendmahl nehmen!", ergänzt ihr Mann Olev. "Für mich ist es einfach ein Wunder, dass der Herr es uns ermöglicht hat, seinem Plan zu folgen und vom Abendmahl zu nehmen, eine Versammlung abzuhalten, den Geist zu spüren. Das war eine tolle Erfahrung."

Dieses Gefühl kennt keine Grenzen. In Washington, knapp dreizehntausend Kilometer von Südafrika entfernt, sagt Rosemary Demos, es spiele keine Rolle, "ob ich daheim oder in der Kirche vom Abendmahl nehme. Wichtig ist doch, dass ich den Geist spüre und mir der Heiligkeit dieser Handlung bewusst bin."

Sehr wichtig für eine verstärkt in den eigenen vier Wänden stattfindende Gottesverehrung ist auch der auf das Zuhause ausgerichtete Lehrplan, den Präsident Nelson bei der Herbst-Generalkonferenz 2018 vorgestellt hat.

"Was für ein Segen, einen Propheten zu haben, der von Gott berufen ist!", findet Mohodisa. "Rückblickend haben uns die im Januar 2019 angelaufenen Programme auf die aktuelle Situation vorbereitet. Jetzt können wir die Lektionen problemlos zuhause durchnehmen."

Zaghafte Rückkehr in die Gemeindehäuser

Im Mai begann die Kirche je nach Lage vor Ort und den Vorgaben der Behörden mit der zaghaften, vorsichtigen Wiederaufnahme wöchentlicher Gottesdienste in den Gemeindehäusern. Schon vor der offiziellen Gründung der Kirche im Jahr 1830 wurde in Offenbarungen darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass die Gläubigen als Religionsgemeinschaft zusammenkommen. Im Juni 2020 erklärte Elder David A. Bednar vor Wissenschaftlern und Juristen: "Die Mission der Kirche besteht zu einem wesentlichen Teil darin, die verstreute Familie Abrahams zu sammeln - und zwar alle, die dazu bereit sind - und jedem die heiligen Handlungen und Bündnisse des Evangeliums Jesu Christi anzubieten. Wir glauben, dass Gott durch diese Sammlung ein Volk erschaffen will, das eines Herzens und eines Sinnes ist, das in Rechtschaffenheit und Frieden zusammenlebt und bei dem Liebe und Fürsorge in dem Maße herrschen, dass es keine Armen mehr gibt - weder in geistiger noch in materieller Hinsicht."

Versammlungen, so der Apostel weiter, seien für jeden Glauben und jede Religion von zentraler Bedeutung."„Wenn sich die Gläubigen nicht versammeln, fällt ihre Gemeinschaft früher oder später auseinander", warnte er.

Für viele Mitglieder der Kirche war die Rückkehr zum Gottesdienst in der Gemeinschaft so, als würde ein frischer Wind durch die heiligen Schriften fegen. Joann Montesinos gehört einer spanischsprachigen JAE-Gemeinde in Utah an. Er meint, dies gelte insbesondere für die lateinamerikanische Kultur, wo Gemeinschaft ein "richtig großes Ding ist".

Für die ortsansässige Latino-Gemeinschaft ist es „wirklich unglaublich schön, dass wir uns wieder persönlich treffen und Gott gemeinsam verehren können“. - Joann Montesinos, Utah

"Drei, vier Monate keine wöchentlichen Versammlungen - das war wirklich hart für uns als Gemeinde und als Menschen", sagt Montesinos. "Auch wenn es wegen der fortdauernden Vorsichtsmaßnahmen noch nicht wieder so ist wie früher, haben wir doch wieder die Unterstützung durch unsere Gemeindefamilie. Das ist besonders für diejenigen wichtig, die hier in Utah auf sich allein gestellt sind. Sie haben keine Familie; sie fangen wieder von vorne an. Diese gegenseitige Unterstützung in der Kirche wieder erleben zu können, ist wirklich unglaublich schön!"

Gut dreitausend Kilometer weiter östlich geht es Vivian Olsen aus Washington ganz ähnlich.

"Es bewegt mich sehr, die Gemeindemitglieder wieder persönlich zu sehen. Ich habe sie alle sehr gern", sagt sie. "Ich verpasse keine der Online-Versammlungen. Mein Mann und ich sind jetzt allein zuhause. Wir genießen die Zeit, in der wir vom Abendmahl nehmen. Aber natürlich freuen wir uns darauf, mit den anderen Mitgliedern der Gemeinde zusammenzukommen, ihren guten Geist zu spüren und die Gemeinschaft zu erleben, die wir jahrelang aufgebaut haben und so sehr schätzen."

Auch Jeff Cuff aus Neuseeland ist von der Energie und menschlichen Wärme angetan, die er jetzt bei Versammlungen mit persönlicher Anwesenheit wieder empfindet. "Die Kirche wurde ja unter anderem deswegen gegründet, damit sich die Heiligen oft versammeln und sich an der Gemeinschaft erfreuen konnten", erklärt er. "Den Geist und das Zeugnis der anderen Mitglieder zu spüren ist etwas Wunderbares, was man nicht missen möchte."

So erbaulich, gesund und wichtig Gemeinschaft auch ist - Hauptziel der sonntäglichen Gottesdienste in der Kirche ist es natürlich, vom Abendmahl des Herrn zu nehmen.

Dieser besondere Moment, bekennt Eduardo Sanz Garcia aus Frankfurt, "ist der Höhepunkt meiner Woche. Ich freue mich darauf, weil ich mich dabei dem Erretter wirklich nahe fühlen kann."

Schwester Demos aus Washington unterstreicht dies. Die heilige Handlung sei schließlich "genau das, was Christus tat, als er sein letztes Abendmahl feierte. Ich mag die Ansprachen und die Musik, aber was mich wirklich in der Abendmahlsversammlung bewegt, ist dieser Moment, wenn ich mich mit Christus wirklich verbunden fühle."

Es ist kein Zufall, dass hier der Erretter der Welt ins Zentrum der Betrachtung rückt. Auch in der anfangs erwähnten Predigt des heiligen Mannes namens Alma vor den unterdrückten Zoramiten ging es um ihn. Alma wusste, dass der Ort der Gottesverehrung zwar unwesentlich, das Ziel jedoch dafür umso wichtiger war.

"Glaubt an den Sohn Gottes", bat Alma eindringlich. "Und dann möge euch Gott gewähren, dass eure Lasten leicht seien durch die Freude an seinem Sohn."

Ob zuhause oder im Gemeindehaus, in Zeiten des Friedens oder während einer Pandemie - das ist es, wonach die Mitglieder der Kirche weltweit Sonntag für Sonntag streben und was sie verkünden.

Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.